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Hei hussassa, der Herbst ist da...

Aktualisiert: 17. Apr. 2023

Hast Du es auch schon bemerkt? Der Schichtplan hat sich ganz heimlich geändert. Die Sonne reduziert ihre Arbeitsstunden langsam, um von Oktober an nur noch halbtags zu arbeiten. Der Mond steht in den Startlöchern, um wieder früher seine Spät- und Nachtschichten anzutreten.

Und wir? Wir atmen am Morgen allmählich eine kühlere und frischere Luft ein, die unsere Nase zum Frösteln bringt. Am Abend ziehen wir langsam unsere Schultern zu den Ohren, um uns vor der heranschleichenden Kühle, die unseren Nacken liebkosen will, zu schützen.

Die Übergangszeit von Sommer zu Herbst ist ein unglaubliches Spektakel, ist die Spannendste aller Jahreszeitenwechsel. Warum? Vielleicht ist es Dir bisher noch nicht aufgefallen, aber nicht nur die Natur bereitet sich mit ihrem neuen Farbenkostüm auf diese Jahreszeit vor. Auch wir Menschen bemerken den leise heranwirbelnden Herbst und gehen erstaunlicherweise alle sehr unterschiedlich damit um. Dies führt, nicht nur an den Blättern der Bäume, sondern auch in unserer Gesellschaft zu der buntesten Zeit im September.

Diversität definiert unsere Straßen, denn die vier verschiedenen Typen des Sommer-Herbst Übergangs treffen aufeinander. Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir die »frierenden Frostis«, »blinden Hotties«, »verliebten Herbst-Groupies« und die »ewigen Sunny’s«.

Du hast richtig gehört. Der Herbstbeginn birgt vier kunterbunte, unterschiedliche Typen, die sich hinsichtlich des Grades ihrer Kälte-Sensibilität und ihres herbstlichen Stimmungstiefs voneinander unterscheiden. Und so gleichen die Straßen des Septembers einem fantastischem Zirkus-Ensemble, einem wirren Schauspiel der Charaktere, einem künstlerischen Filmset.


Fragst Du dich insgeheim schon, welcher Typ Du bist?

Beginnen wir mit den »frierenden Frostis«, diesen sensiblen, schlauen Füchsen. Sie erkennen sofort, wann der Herbst an ihre Tür klopft, denn sie nehmen jedes verlorene, sommerliche Grad Celsius am eigenen Körper wahr. Die »frierenden Frostis« riechen die Frische der morgendlichen Luft, schmecken die noch nicht gefallenen Regentropfen, erkennen die ersten gelb-rot schimmernden Flecken auf den grünen Baumblättern. Da sie den Herbst mit all ihren Sinnen spüren, haben sie eine sehr hohe Kälte-Sensibilität, sodass sie schon Ende August am Liebsten die Heizung aufdrehen wollen. Aber das bringen sie einfach noch nicht übers Herz. Schließlich wäre dann offiziell Herbst in ihrer Wohnung. Und so wandern die »frierenden Frostis« heimlich in dicken Wollsocken und mit Wärmeflaschen durch ihre Wohnung und wärmen sich mit wohltuenden Teesorten von innen. Da sie die Ersten in der Gesellschaft sind, die den Sommer-Herbst Übergang erkennen, verfallen sie meist schon Ende August in ein erstes herbstliches Stimmungstief. Sie beten zum Wettergott, dass er einen goldenen Herbst bringen wird, sodass sie noch ein wenig von warmen Sonnenstrahlen umarmt werden.

Die »frierenden Frostis« fühlen sich ein wenig wie die Softies des Septembers, gründen gar eine Selbsthilfegruppe der anonymen Frostbeulen. Eingehüllt in ihre dicken Mäntel und Schals fragen sie sich bibbernd, warum sie nicht wie die »blinden Hotties« noch etwas länger in Sommerkleidern und kurzen Hosen den davonschleichenden Sommer genießen können.


Denn die »blinden Hotties« sind das genaue Gegenteil der »frierenden Frostis«. Sie bemerken nicht, dass es langsam kühler wird und sind noch vollkommen versunken in ihrer gutgelaunten Sommerstimmung.

Während die Meisten also schon längst den Herbstmantel aus dem Schrank gefischt haben, findet man die »blinden Hotties« noch in Badebekleidung auf ihren Stand Up Paddles paddeln. Sie verstehen überhaupt nicht, warum die Anderen schon von Herbst sprechen, warum denn keiner mehr campen gehen möchte. Sie genießen den Hochsommer meist einen Monat länger, springen mit ihren Flip Flops durch die ersten großen Regenpfützen und räkeln sich mit ihren Sonnenhandtüchern auf den von Laub bedeckten Sommerwiesen. Während die Anderen schon die ersten Luftdrachen steigen lassen, rennen die »blinden Hotties« noch regelmäßig ihren wegwehenden Strandmuscheln hinterher. Sie hinterfragen nicht, warum sie alleine am Ostseestrand baden und genießen ihr Eis aus der letzten geöffneten Eisdiele. Sie erfrischen sich im September von außen und innen mit stark gekühltem Alsterwasser, lassen sich von der (in ihren Augen) sommerlichen Abendsonne verwöhnen und ziehen abends ihre Grill-Session ohne viel Tamtam und mit vielen Taschenlampen durch.

Insgeheim wissen natürlich auch die »blinden Hotties«, dass der Sommer zu Ende geht. Doch sie wollen einfach noch nicht loslassen. Es ist eine zu schwierige Trennung von diesem Sommerflirt, dieser kleinen Sommerliebe. Und so singen, jodeln, trällern und jauchzen die »blinden Hotties« noch die geliebten Sommerhits des Jahres, während sich die »verliebten Herbst-Groupies« schon mit langsamer Jazz-Musik vor den Kamin gekuschelt haben.


Ach, die ruhige, besinnliche Gruppe der »verliebten Herbst-Groupies«! Sie können ihr Glück noch nicht fassen und hüpfen mit ihren Regenjacken und Gummistiefeln durch die Straßen, denn ihre Lieblingsjahreszeit hat begonnen. Schließlich trauern sie im Winter ihrem Herbst nach, haben sich im Frühling allmählich wieder gefasst, um sich dann im Sommer wieder mental auf ihren Favoriten vorzubereiten. So erkennt man bereits im Juli die »verliebten Herbst-Groupies« an ihren Stricknadeln, mit denen sie ihre Herbst-Kollektion Masche für Masche anfertigen. Wenn es die Hitze zuließe, würden sie auch im Sommer geschmeidige Wollpullover tragen. Doch so wird die Schau ihrer gestrickten Meisterwerke auf die lauen Sommerabende begrenzt, an denen sie leicht schwitzend neben ihren Freunden ausharren.

Die »verliebten Herbst-Groupies« ähneln den verfrühten Oktober-Lebkuchen im Supermarkt. Sie sind viel zu früh da und ärgern uns auch ein wenig, aber irgendwie können wir auch nicht ohne sie.

Denn letztlich kann man ihnen ihre Vorfreude und ihre zwölfmonatige Vorbereitung auf den Herbst nicht verübeln. Schließlich sind sie auch diejenigen, die frühzeitig mit uns ihren perfekten Netflix-Serienplan für den Herbst teilen und uns mit deftigen Eintöpfen und dem Allerlei von Kürbis kulinarisch verwöhnen. Sie sind diejenigen, die uns voller Euphorie die Schönheiten des Herbstes aufzeigen. Sie lassen draufgängerisch Drachen steigen, bringen ihre Sauna-Dauerkarte zum Glühen, kurbeln den Tee-Konsum außerordentlich an und sind Experten im Basteln von Kastanienmännchen.


Während die »verliebten Herbst-Groupies« also unsere Stadt mit ihrem Strahlen verschönern, entscheiden sich die »ewigen Sunny’s« einfach dazu, den Sonnenstrahlen zu folgen.

So sehen wir die »ewigen Sunny’s« nur sehr kurz im September, bevor sie spätestens im Oktober ihre Flügel aufspannen und gen Süden ziehen. Würden sie nämlich in der herbst-winterlichen Kälte bleiben, könnten sie zwar noch etwas mit Wärme und Licht der Sonnenbänke überleben. Doch Schritt für Schritt verfielen sie bald in eine bis zum Frühling anhaltende, dunkle Depression. Schließlich ist der »ewige Sunny« im herbstlichen Deutschland genauso fehl am Platz wie der Schneemann in der Sauna.

Die »ewigen Sunny’s« brauchen einfach das Sonnenlicht zum Atmen, sie sind unsere ganz eigenen, menschlichen Zugvögel. Sie leben ihr Leben als strahlende Sonnenkinder und haben auch ihren Beruf dem Sonnenzyklus angepasst. So packen sie ihre Karriere einfach in den Koffer und lassen ihren Arbeitsalltag flexibel von überall scheinen.

Entsprechend erkennt man die »ewigen Sunny’s« zum Herbstbeginn an ihrem reiselustigen Lächeln auf den Lippen, den gefüllten Koffern an ihrer Seite und den euphorischen Abschiedsgrüßen in der Öffentlichkeit.

Sie sind die täglichen Sonnenanbeter unserer Gesellschaft, unsere seltenen Glühwürmchen in warmen Sommernächten, die geheimen Agenten des ständigen Augusts. Ein wenig beneiden wir ihren Lebensstil. Dann wiederum mögen wir unsere Heimat doch zu gerne, um stetig der Sonne nachzufliegen.


Erstaunlich, dass der Herbstbeginn eine so vielfältige Gesellschaft zeigt. Dass die Parks mit einem Allerlei an bibbernden, grillenden, euphorischen und winkenden Menschen gefüllt sind. Und alle haben wir etwas gemeinsam. Wir verabschieden den Sommer und begrüßen den Herbst. Dabei wollen wir uns irgendwie vor der Tristes des Herbstes schützen, unsere Abwehrkräfte gegen die steifen Brisen des Herbstwindes wappnen.

Doch wie könnten wir dem Herbst gegenüber offener sein?


Schneide Dir doch von allen vier Typen einfach eine kleine Scheibe ab. Sei im Herbst so sensibel und achtsam wie die »frierenden Frostis« und so bejahend und glücklich wie die »verliebten Herbst-Groupies«. Mache Dir warme, sommerliche Gedanken wie die »blinden Hotties« und sei so entdeckerfreundlich und strahlend wie die »ewigen Sunny’s«. Denn eines ist gewiss, dann wird der Herbst auch in Deinen Augen nicht trist und regnerisch, sondern einfach nur fantastisch golden werden.


Goodbye Sommer, hello Herbst. Schön, dass Du wieder da bist!


 
 
 

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