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Don't be an ant, be a bird!...

Aktualisiert: 17. Apr. 2023

Ich sitze eingeklemmt auf Platz 23E des Eurowings-Fluges von Hamburg nach Düsseldorf. Links neben mir breitet ein gut gekleideter Geschäftsmann seine Frankfurter Allgemeine Zeitung aus. Allein für diese überdimensional große Tageszeitung müsste Mr. Business zur Buchung von zwei Sitzplätzen verpflichtet werden. Denn die rechte Hälfte der Tageszeitung fliegt genüsslich vor meinem Gesicht hin und her und möchte mich mit Kommentaren und großen Überschriften zum Lesen locken. Ich wende demonstrativ den Blick von der Zeitung ab, starre auf meine Knie und frage mich insgeheim, ob ich Opfer einer besonders geschickten Guerilla-Marketingkampagne der FAZ geworden bin. Möchte mich dieser Mr. Business der Economy etwa mit intelligenten Artikeln bekehren? Was für eine ausgewitzte Marketingstrategie, Mitreisende mit Zeitungs-Geraschel und Blickfeld-Versperrung auf engstem Raum auf ihr Produkt aufmerksam zu machen.

Als ich zu ihm herüber blinzle sehe ich jedoch, dass dieser geschäftige FAZ-Botschafter vollkommen in einem Artikel versunken ist und dabei immer wieder in sich gekehrt den Kopf schüttelt. Ich muss ein wenig kichern. Mr. Business wirft mir einen seriösen Blick zu und baut anschließend mit seiner Zeitung eine Frankfurter Mauer der Neuigkeiten und Kommentare zwischen uns auf.

In der Enge meines mittleren Platzes schaue ich nach rechts und bemerke, dass ich schon jetzt im Kontrastprogramm meines Flugjahres gelandet bin. Auf meinem rechten Platz sitzt eine Dame, eingehüllt in einer Wolke aus süßem Parfum, das sich nun sanft auch in meiner Nase einrichtet. Ihre Füße stehen auf ihrem überdimensional großen Handgepäck, für das in der überfüllten Maschine kein Platz mehr zu finden war. In ihren Händen hält sie zwei Stricknadeln, die mit schneller Geschwindigkeit die bunte Wolle zu einer Socke verbinden. Ich betrachte die Stricknadeln genauer und fragende Fragezeichen bilden sich in der Reiseregelwerk-Region meines Gehirns. »Wie kam sie mit dieser geschickt getarnten Waffe durch die Sicherheitskontrolle?«, schmunzle ich. Frau Wolle erkennt meinen skeptischen Blick sofort und sagt automatisch: »Stricknadeln aus Holz sind in der EU erlaubt«.

Ich bin entzückt, habe wieder etwas gelernt. Bei der Pinzette, die ich aus Versehen in meiner Handtasche hatte, werde ich wie ein Krimineller an den Pranger gestellt. Schließlich könnte ich meine Mitreisenden damit zu Tode zupfen. Doch mit diesen spitzen, kleinen Dolchen aus Holz kann man sicherlich keinen gefährlichen Schaden anrichten. Macht vollkommen Sinn. Wieder muss ich kichern. Ich bin sehr dankbar, dass mich Frau Wolle nicht mit ihren Stricknadeln angreift, sondern einfach mit mir lacht.


Hier sitze ich auf engstem Raum zwischen Zeitungspapier und Wolle, in meinem Schnick Schnack Schnuck des Mittelsitzes. Die Zeitung raschelt links von mir und flattert immer wieder an mir vorbei. Die Stricknadeln klimpern wie eifrig rechts von mir und sind fleißiger denn je. Ich sehe überall vor mir bunte Köpfe, die aus ihren Sitzplätzen wachsen und ordentlich aneinander gereiht blühen. Ich höre Kinder schreien, Erwachsene reden, Stewardessen laufen. Ich rieche Parfüm, Schweiß, Kaffee und Tomatensaft. Der Flieger rüttelt durch eine Achterbahn an Wolken und ich bewege mich auf meinem kleinen Sitz hin und her. Immer bedacht, dass ich meinen Sitznachbarn dabei nicht in die Quere komme.

Mein Ohrwurm wird dabei wild mitgerüttelt und singt laut in meinem Kopf: »Über den Wolken, muss die Freiheit so grenzenlos sein....«.

»Reinhard Mey, du gewitzt ironischer Typ«, denke ich und blicke auf diese mit Menschen überfüllte Maschine und meine eigene, missliche Sitzsituation. In diesem Flugzeug verspüre ich Enge statt Weite, Grenzen statt Freiheit, Schwere statt Leichtigkeit.

Hier atme ich wie ein Fisch an Land. Fühle mich von meinem Sicherheitsgurt in ein enges Korsett eingeschnürt. Bin wie in einem maßlos überfüllten Aufzug eingepfercht.

Meine einzige Flucht aus dieser verzwickten Lage ist mein Blick aus diesem kleinen Fenster, diesem süßlich-runden Guckloch raus auf die Wolken. Da draußen kuscheln sich weiße Zuckerwatten-Wolken aneinander, tanzen zusammen und ziehen Händchen haltend gemeinsam weiter. Die Sonne begleitet diese wunderschöne Wolkenwiese und lässt sie dabei glitzern und kuschelig weich aussehen. Jede Wölbung, jeder kleine weiße Wirbel ist klar zu erkennen. Sie sehen frei aus, diese Wolken. Wie sie sich langsam vom Wind treiben lassen, ohne Hektik, mit vollkommener Leichtigkeit. Ich blicke auf dieses gemütliche Wolkenbett, möchte diese Reinheit anfassen, mit der weißen Herde weiterziehen. Tatsächlich, auf einmal fühle ich diese Leichtigkeit, Freiheit, Neugier und Schönheit. Wow! Was ein unglaublich fantastischer Blick!


Ich fühle mich wie ein Vogel, der über den Wolken seine Flügel weit spannt und mit freien Flügelschlägen durch die Welt flattert. Ich sehe die Welt aus der Vogelperspektive und beneide diese fliegenden Freigeister und ihren so leichten Blickwinkel.

Aus dieser Perspektive wird der See unter mir zu einem Teich, die Wohnorte zu verwobenen Spinnennetzen, die Felder zu Schrebergärten, die Autobahnen zu Ameisenstraßen. Von hier oben schaue ich auf mein ganz eigenes Miniatur-Wunderland aus saftigen Farben. Ich sehe ein friedliches Leben, höre keinerlei Hektik, schmecke die Freiheit. Alle Ängste und alle Sorgen scheinen hier wie verborgen. Und tatsächlich, meine Probleme erscheinen mir auf einmal nicht mehr groß und wichtig, sondern nichtig und klein.

»Reinhard Mey, du weiser, ehrlicher Mann«, denke ich und muss über meinen doch so passenden Ohrwurm schmunzeln. Ja, über den Wolken ist die Freiheit tatsächlich grenzenlos.

Wie ironisch eigentlich, oder? An meinen Mittelsitz gefesselt fühle ich mich in diesem Moment auf einmal unendlich grenzenlos.

Doch an meiner Außenwelt hat sich gar nichts geändert. Herr Business und Frau Wolle sind immer noch am gleichen Platz und in lesend-strickenden Handlungen versunken. Nur ich selbst habe meinen Sitzplatz gewechselt, bin der Pilot meiner Perspektive geworden.

Auf einmal erkenne ich die wolkig-weißen Zuckerwatten-Momente in meinem Alltag wieder, bemerke die glitzernden Sonnenstrahlen in meiner täglichen Routine.

Gleichzeitig bemerke ich, wie viele Menschen eifrig durch ihren Tag rasen, mich an geschäftige Ameisen erinnern. Tatsächlich, tagein und tagaus begegne ich diesen Ameisen des Alltags, wie sie ruhelos umher krabbeln, die vielen verschiedenen Aufgaben und Herausforderungen auf ihrem Rücken balancieren. Ja, auch ich bin eine dieser fleißigen Ameisen. Mit immer schwerer werdenden irdischen Problemen auf meinem Rücken krabble ich kräftig mit dem Strom mit.


Aber Moment! Ich habe es doch gerade live erlebt. Ich kann meinen Blickwinkel ändern. Ich kann bei schwierigen Situationen, Ärger und Herausforderungen einfach einmal das Problem von oben betrachten und eine neue, leichtere Perspektive einnehmen.

Ich kann weniger als Ameise durch den Tag krabbeln, sondern mehr als Vogel durch die frische Tagesluft fliegen. Nur so bekomme ich diese Distanz, diesen frischen Blick, erhalte mehr Raum zum Atmen. Nur ich allein kann meine Gedanken, meinen Blickwinkel, meine Sicht auf mein Leben bestimmen. Und auf einmal sehe ich, dass so manch irdisches Probleme gar nicht mehr so groß erscheint, gar winzig und klein ist.


Machst Du mit? Dann mach Dich bereit für Deinen persönlichen Takeoff! Switche täglich, stündlich, minütlich Deine Perspektive und genieße diesen neuen Blick auf Dein eigenes, so wundervolles Wunderleben!

Don’t be an ant, be a bird

 
 
 

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