Eine Ode an das Brot...
- Held Stories
- 29. Mai 2019
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Apr. 2023
Liebes Brot,
als ich heute ein kleines Kind mit voller Tatendrang an einem Stück von Deiner dunklen Kruste nuckeln sah, musste ich mal wieder an Dich denken.
Dieses Menschenwürmchen hielt Dich in seinen kleinen Fingern und transformierte Dich lutschend von einer perfekten Brotkruste in eine weiche Teigmasse zurück.
Und Du? Du ließt dies mit purer Lockerheit über Dich ergehen. Chapeau, mein Freund! Das zeigt wirklich wahre Größe.
Auch ich habe vor über dreißig Jahren mit wahrscheinlich sehr groben, ersten Essversuchen mit Dir Bekanntschaft gemacht. Seitdem bist Du ein sehr treuer, nicht wegzudenkender Begleiter in meinem Leben. Habe ich Dir eigentlich schon einmal gesagt, wie gern ich Dich in meinem Alltag habe? Wirst Du von uns Menschen eigentlich noch richtig wertgeschätzt oder einfach als gegeben angesehen?
Liebes Brot, es ist an der Zeit einmal »Danke« zu sagen! Und das geht doch am Besten in Form eines Liebesgedichtes:
– AN DAS BROT–
Quinoa, Kichererbsen, Tofu, Sushi - sie kommen und gehen.
Doch Du bist kein Food-Trend, bist eine Food-Konstante,
bleibst einfach bestehen.
Du bist wie »Faust« - nur ohne Tragödie. Wie »Lola rennt« - nur mit mehr Ruhe. Wie »Hänsel und Gretel« - nur gern im Backofen.
Du bist und bleibst ein deutscher Klassiker, den jeder begehrt.
Bist linear und langfristig einfach liebenswert.
Ja, das stimmt. Mathematisch gesehen bist Du eine Gerade,
linear steigend sogar.
Abszisse und Ordinate
zeigen es ganz klar,
gar deutlich:
Je länger wir Dich kennen, desto mehr essen wir Dich.
In Frankreich und Spanien bist Du als »le pain«, und »el pan« bekannt,
in China wirst Du miànbao, in Portugal einfach pão genannt.
Mit einem vollen Koffer an Roggen, Weizen und Dinkel,
bereist Du als Frequent Traveller jeden einzelnen Winkel
dieser Welt.
Statt mit Geld
reist und zahlst Du mal eben mit Pumpernickeln,
kannst knäck wie Du bist auch die Schweden um die Kruste wickeln.
Ja, du bist mehr als nur »Bernd, das Brot«,
hast zahlreich viele Facetten.
Bist häufig die Nummer Eins
in den weltweiten Nahrungsketten.
Besonders Kuchen und Knoppers müssen sich im Wettbewerb warm anziehen.
Denn Du vergnügst Dich nicht mit einem Zeitfenster,
kannst jeden Moment mit Leichtigkeit bedienen.
Du bist Deine eigene Zeit,
bist die Prime Time,
einfach 24/7 für alles bereit.
So gibst Du uns nicht nur Energie am Morgen,
sondern kannst uns auch abends gesellig versorgen.
Kannst im ganz großen Stil auftischen,
doch auch kleine Pausen auf der Hand versüßen.
Ja, Du bist Frühstücks-, Mittags-, und Abendbrot, bist Pausenbrot und Sandwich-Snack. Das Spannende ist, Du bist es nicht leid,
bist es einfach gerne: die wahre BROTzeit.
Dabei belegen wir Dich mit den wildesten Sachen.
Und Du?
Du lässt es zu.
Lässt das alles mit Dir machen.
Lässt Dich vollkleben mit Honig, dick mit Butter beschmieren,
Blut- und Leberwurst auf dich legen, aber auch Humus auf Dir servieren.
Wenn Du warm bist, zerfließt Nutella auf Dir mehr als elegant,
hälst es dabei fest umschlungen mit Deinem sicheren Krustenrand.
Doch nicht nur süß, auch ganz salzig gehört in Dein Ying & Yang Repertoire,
kannst aus jedem Max einen Strammen machen,
mit nur zwei Zutaten, ist doch klar!
Wow! Du bist die Beleg-Basis von A bis Z,
ob Aprikosenmarmelade oder gar Zwiebelmett.
Auf Dir schmeckt alles einfach immer grandios.
Wie in aller Welt machst Du das bloß?
Sicher, Du brauchst kein Guerilla-Marketing, kein Bonusprogramm, kein Produktmanagement.
Du bist einfach Brot, bist Dein eig’nes Statement.
Deine Botschaft ist klar,
ist bei allen bekannt.
Wärst Du Politiker,
wärst Du für immer im Amt.
Senioren begleitest Du schon über Jahrzehnte hinweg,
bist zu ihnen viel sanfter als so manch hartes Gebäck.
Du bist ihr Golden Oldie mit Schattenseiten,
erinnerst ein paar wenige noch an schlimme Kriegszeiten.
Warst ihr treuer Kamerad zwischen Bomben und Schutt,
gabst ihnen kleine Siege gegen Hunger, gabst Ihnen großen Mut.
Doch Gott sei Dank erinnerst Du die meisten Senioren heute mehr an den Frieden,
bist nicht mehr nur das Brot in der Not,
sondern das Gute, das Vertraute, stehst vielmehr für Leben und Lieben.
Nicht nur die Alten würden Dich jederzeit immer wiederwählen.
Auch die Jungen finden Dich geil,
gehst durch Dein Anderssein bei ihnen irgendwie steil.
Denn Du kannst einfach Hipster besser als jeder Berliner.
Bist Influencer ohne Social Media.
Hast Millionen an Followern ohne Vlog oder Blog
und wirst ohne You Tube Channel weltweit gesehen.
Zeigst den jungen Leuten: Erfolg kann auch offline gehen.
Das Erstaunlichste aber an allem ist,
Du kannst nicht nur jung und alt, Du kannst auch Links, Mitte, Rechts.
Du bist neutraler als die Schweiz,
lässt dich auch vom braunsten Scheiss
einfach essen,
kannst rechtsradikal dabei einfach vergessen.
Du bist der Dalai Lama der Nahrungsmittel. Zeigst uns bei jedem Brotschmaus,
tagein und tagaus,
dass egal wer wir sind, ob jung oder alt,
ob arm oder reich,
im Kern sind wir alle nur Menschen,
alle einfach nur gleich.
Du bist »das Brot für die Welt«.
Derjenige, der seine Versprechen wirklich hält.
Den Hunger bekämpfen,
das ist Deine Mission,
bist die Angelina Jolie
der Vereinten Nationen.
Nächstenliebe, die steckt tief in Deiner DNA,
bist schließlich ein religiöser Superstar.
Denn Du bist und bleibst für ewig das Symbol für Jesus Leib.
Wirst gebrochen mit Jüngern, stehst für Demut und Leid.
Manch Einer wird Dich beneiden, weil Du Zeitzeuge beim Abendmahl warst.
Werden staunen, dass Du einen prominenten Platz im Vaterunser bekamst.
Andere Nahrungsmittel werden süß-sauer zu Dir hinübersehen,
sich fragen warum Du und nicht Sie auf dem himmlischen Treppchen ganz oben stehen.
Hut ab, mein Freund, dass Dir die Fame nicht zu Kopfe gestiegen ist.
Dass Du Bodenständigkeit zeigst, trotzdem der bleibst, der Du wirklich bist.
Du siehst, in unserem Leben bist Du seit Jahrhunderten nicht wegzudenken,
kannst uns Menschen gestern, heute und morgen mit purem Brotglück beschenken.
Und wenn Du zu hart wirst zu Tisch,
man Dich nicht mehr kauen kann?
Dann entdeckt man Deinen wahren Fetisch,
dann lässt Du Entenschnäbel an Dich ran.
Liebes Brot! 1000 Dank! Dieses Liebesgedicht geht nur an Dich.
Entschuldige die vielen Reime, kurz und knapp: Wir lieben Dich!
– ENDE –

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