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Keep calm and Christmas on...

Aktualisiert: 17. Apr. 2023

Adventskalender finalisieren, fertig füllen, zufrieden sein.

Erste Liste mit Weihnachtsgeschenken anfertigen.

Euphorisch mit »Wham!« die Adventsdekoration herausholen.

Von nun an 24/7 einen Ohrwurm haben.

»Last Christmas, I gave you my heart...« summen.

Freunde auf dem Weihnachtsmarkt treffen.

Glühwein trinken.

Kollegen auf dem Weihnachtsmarkt treffen.

Glühwein trinken.


Die erste Runde Weihnachtsgeschenke kaufen. Wir sind stolz, dass wir schon Anfang Dezember damit beginnen. Also, die Frauen sind stolz. Die Männer sind noch beim...

Glühwein trinken.

Geschenkeliste überarbeiten. Papa braucht wohl doch nicht die Deluxe-Alpaka-Socken, die erst in sechs Wochen wieder verfügbar sind.

Plätzchen für Familie und Freunde backen.

Gelungenes Drittel der Plätzchen an Familie und Freunde verteilen.

Restliche Plätzchen wegwerfen.

»...but the very next day, you gave it away«.


Ferne Bekannte auf dem Weihnachtsmarkt treffen. Wie hieß noch einmal seine Freundin? Oder ist das eine Neue? Wann hat er mit der Anderen Schluss gemacht? Die war doch echt nett an Ostern.

»Die Feuerzangenbowle« gucken.

Zu viel Feuerzangenbowle trinken.

Zweite Runde Weihnachtsgeschenke kaufen. Hat mir die alte Dame gerade tatsächlich den Weg mit ihrem Rollator versperrt? Die bekommt was zu Hören.

Zur Beruhigung erst einmal einen Glühwein. Dirk, der Hüter des besten Glühwein-standes der Stadt, und ich sind schon beim Du angelangt.

Erstes, besinnliches Weihnachtskonzert besuchen. Wie schön der Kinderchor »Stille Nacht« gesungen hat.


Dritte Runde Weihnachtsgeschenke kaufen. Sind die Gänge enger geworden oder habe ich etwas Weihnachtsspeck angesetzt?

Weihnachtsparty von der Arbeit.

Auf der Weihnachtsparty lauthals mitsingen »This year,  to save me from tears, I give it to someone special...«

Fürchterlicher Kater nach der Weihnachtsparty. War ich peinlich? Ja, ich war peinlich!

Inkognito die letzten Tage des Jahres durchs Büro schleichen.


»Der Grinch« gucken.

»Der Grinch« werden.

Zweites Weihnachtskonzert besuchen. Wenn ich noch einen Kinderchor höre, der »Stille Nacht« krächzt, raste ich aus.

Vierte Runde Weihnachtsgeschenke einkaufen. Jetzt reicht’s mir aber. Ich werde Mike Tyson des Karstadt und beiße meinen Weg durch die Masse an grimmigen, gestressten Menschen.

Karstadt Hausverbot. Ich sehe es ein.

Glühwein nach dem Ringkampf bei Dealer Dirk.

»Wham!« beruhigt mich. Wird das Lied gerade wirklich gespielt oder singt George nur für mich in meinem Kopf? »Once bitten and twice shy. I keep my distance, but you still catch my eye...«.


Das genaue Zeitmanagement des Feiertag-Familienhoppings planen.

Amazon nach den letzten Geschenken durchforsten, weil Hausverbot (siehe oben).

Beten, dass die Geschenke noch pünktlich ankommen.

Vier verschiedene Geschenkpapier-Sorten kaufen.

Panikattacken, ob man irgendjemanden in diesem Geschenkewahn vergessen hat.

You Tube nach »Servietten als Weihnachtssterne falten« durchforsten.

Dreimal die Tischdekoration für Heiligabend ändern.

Verspätet nach einem schönen Weihnachtsbaum suchen.

Einen hässlichen Weihnachtsbaum kaufen.

»Tell me, baby. Do you recognize me? Well, it's been a year. It doesn't surprise me...«.


Weihnachtsessen planen, fünfmal ändern, dann wieder beim Ursprungsplan landen.

Beruhigungsmittel nehmen, dann erst Weihnachtsessen für die Feiertage einkaufen.

Putzen.

Weihnachtsbaum schmücken.

Putzen.

Neue Lichterkette für Weihnachtsbaum kaufen, weil alte Lichterkette kaputt.

Putzen.

Blinkende Party-Lichterkette am Weihnachtsbaum einfach akzeptieren.


Heiligabend.

Tief durchatmen.

Aufstehen.

Schnappatmung.

Sich insgeheim fragen, warum man es nicht wie George im Jahre 1984 macht. Einfach in die Alpen düsen und im Schnee mit seinen Freunden toben. Genial!

»Now, I know what a fool I've been. But if you kissed me now. I know you'd fool me again...«

Ganz ehrlich, lieber mit Exfreund gemeinsam auf einer Skihütte als mit Onkel Gerd hier.


12 -15 Uhr: Onkel Gerd, den letzten Raucher in unserer Familie, begrüßen.

»Natürlich kannst Du drinnen rauchen« sagen, obwohl man »NEIN! NEIN! NEIN!« meint. Nächstenliebe und so.

Onkel Gerd geht, sein Zigarettenrauch bleibt.

Lüften.

Der hässliche Weihnachtsbaum verliert seine Nadeln durch die kalte Zugluft.

Unter dem Weihnachtsbaum hektisch saugen und dabei von der Party-Lichterkette im rhythmischen Takt angefeuert werden.


15:30 -17 Uhr: Tante Beate kommt zu Besuch.

Tante Beate beschwert sich über den Zigarettenrauch, dann auch ausgiebig über Onkel Gerd.

Sich wie ein Scheidungskind fühlen, obwohl es nicht die eigenen Eltern sind.

Eierlikörchen trinken, um sich besser zu fühlen.

Tante Beates Auflistung der Verstorbenen und deren Art und Weise des Versterbens horchen.

Mehr Eierlikör trinken, um sich besser zu fühlen.

Tante Beate torkelt nach Hause.


Ich torkle in die Küche.

Kochen wie Alfred Biolek.

Tisch decken.

Das Jesuskind panisch in der Tisch-Krippe suchen.

Das Jesuskind im Adventskranz wiederfinden.

Sich insgeheim fragen, ob es Onkel Gerd oder Tante Beate war.

Kläglich beim Falten der Servietten-Sterne scheitern. Egal.

Beschwipst schminken. Ich werde dem Grinch immer ähnlicher.


18:30 Uhr: Schwiegereltern und Schwiegergroßeltern begrüßen.

In absoluten Gastgeber-Modus wechseln.

Kritik am blinkenden Weihnachtsbaum mit Rotwein ertränken.

Bescherung.

Hässliche Geschenke mit einem weiteren Gläschen Rotwein schön trinken.

In Gedanken über Umtauschmöglichkeiten nachdenken.

Hoppelnd wie ein Duracell-Hase die Gläser der Gäste füllen und ihnen gekaufte Plätzchen servieren.

Damit ungewollt eine Diskussion entfachen, warum junge Leute keine Plätzchen mehr selbst backen, sondern alles kaufen kaufen kaufen.

Sich wünschen, man könnte die Münder mit den zwei Drittel an verkorksten, selbstgebackenen Plätzchen von Anfang Dezember stopfen.


Erleichtert für einen Moment in die Küche verschwinden.

Vorspeise vorbereiten.

Sich ernsthaft fragen, ob man bei Google vielleicht wirklich »Komplizierteste Vorspeise für Weihnachten« eingegeben hat.

Eigenes Werk mit dem Bild des Rezeptes vergleichen.

Erkennen, dass es dem Vorher-Nachher-Bild bei Schönheitsoperationen ähnelt.

Die »Vorher-Version« der Vorspeise servieren.


Die Weihnachtsgans im Ofen vergessen.

Leicht verbrannte Ecken hinter verschlossenen Türen abkratzen.

Feststellen, dass die Weihnachtsgans nun aussieht wie eine misslungene Schönheitsoperation.

Sich fragen, warum man so viel über Schönheitsoperationen nachdenkt.

Weihnachtsgans servieren: »Das ist eine französische Weihnachtsgans. Die gehört so, diese Oie de Noël« auf die Kritik äußern.

Neuen Nachschub an Beruhigungsmittel aus dem Weinkeller holen.


Nachtisch servieren.

Nach drei Löffeln feststellen, dass man die Crème Brûlée nicht flambiert hat.

Liebevolles Lob über den leckeren Pudding von Opa Siegfried annehmen.


Anziehen.

Losgehen.

Draußen erst bemerken wie beschwipst man ist.

Beim Betreten der Kirche wie ein frisch geborenes Reh zum Platz tapsen.

Lieber nur mit einem Nicken Bekannte und Nachbarn grüßen.

Mitternachtsmesse halb schlummernd verfolgen.

Krächzenden Kinderchor hören, der »Stille Nacht« singt.

Innerlich endgültig ausrasten. Ich geb Euch gleich »Heilige Nacht«.

Christliche Contenance halten. Nicht auch noch ein Hausverbot in der Kirche.

Gleich ist es vorbei.

Gleich ist der Tag vorbei.

Gleich ist Weihnachten vorbei.

Oh nein. Morgen geht es ja weiter.

Das wird ein verkatertes »Driving Home for Christmas« zu meinen Eltern.



STOPP!

Es ist erst Anfang Dezember. Noch kannst Du entscheiden, wie Du Deine Adventswochen und die anstehenden Feiertage verbringen willst. Denn nirgends steht geschrieben, dass man sich in dieser Zeit vollkommen auslaugt, wie ein Truthahn vor Thanksgiving schwitzt und nur in glühendem und kaltem Rotwein seinen Frieden findet.

Außerdem, eine Frage: Wer hat Dir eigentlich gesagt, dass man alle Bekannte noch zum Ende des Jahres sehen muss?

Neue Regel! Wenn Du einen Bekannten das letzte Mal im Juni gesehen hast, kannst Du ihn auch nach Weihnachten wiedersehen. Triff wirklich nur die Menschen, die für Dich in diesem Jahr besonders wichtig waren, Deine Herzensmenschen. Denn darum geht es doch in dieser Zeit des Jahres, oder?


Sei zur Abwechslung mal Fahrer auf der Weihnachtsparty, geh nur zu einem Weihnachtskonzert, trink auch mal einen Kinderpunsch bei Dealer Dirk und bestelle Deine Geschenke und eine Sorte Geschenkpapier (man braucht nicht vier verschiedene Muster) einfach online. Lege Dich nie mit alten Menschen in der Weihnachtszeit an, es könnte ihr letztes Weihnachten sein. Also, etwas mehr Respekt! Und gebissen wird nicht, Mike. Hörst Du!

Lade Onkel Gerd und Tante Beate aus, besuche sie stattdessen zwischen den Jahren oder gar nicht. Wonach Dir ist. Nimm Dir lieber an jedem Feiertag mindestens drei Stunden besinnliche Ruhe für Dich oder mit Partner. Badewanne, Lesen, Weihnachtsklassiker gucken, einfach faulenzen. Es ist das Fest der Liebe, dazu gehört auch ein bisschen Selbstliebe. Und Selbstliebe ist nicht, stundenlang mit den Verwandten vor dem Kamin zu schwitzen und über Politik zu debattieren.

Mach Würstchen mit Kartoffelsalat an Heiligabend. Denn wenn Du über das Jahr kein Sternekoch geworden bist, dann wirst Du es auch nicht am 24. Dezember. Basta!

Und wenn Dein Jahr wirklich sehr anstrengend war und Du schon jetzt Bauchweh vor den Feiertagen hast, dann ab ins Reisebüro! Ab in den Last Minute Urlaub in die Sonne oder in eine Skihütte, dann aber ohne Exfreund(in).


Und zuletzt. Du findest den Weihnachtsklassiker von »Wham!« fürchterlich? Sieh es endlich ein. Den Kampf wirst Du nicht gewinnen. Dreh das Lied einfach auf, gib Dich der leichten Melodie hin und singe laut mit. Ich garantiere Dir: Es hat etwas sehr Meditierendes, wenn man achtmal am Tag mit George singt.


Keep calm and Christmas on.

Ich wünsche Dir von Herzen eine wunderschöne Weihnachtszeit!

 
 
 

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